
miraculum purgaminis
„Wenn du wüsstest“, sagte der Bär, „wenn du wüsstest.“
Die Sonne war eben aufgegangen und es gab viel zu tun.
„Ich hab mir den Arsch aufgerissen, um jetzt hier sein zu können.“
Der Rasen musste gemäht, die Hecke gestutzt und der Zaun gestrichen werden.
„Was ich alles erlebt habe auf dem Weg hierher, du würdest mir das sicherlich nicht glauben.“
Es war ein Tag wie jeder andere, das steht außer Frage, denn wenn man alle anderen Tage zusammenfassen kann, was sollte dann diesen im Besonderen auszeichnen?
„Was ich alles erdulden musste. Wenn du nur wüsstest, was ich alles erdulden musste. Wenn du nur wüsstest, wie viel leichter es gewesen wäre, einfach nicht zu kommen. Vielleicht könntest du dann verstehen, wie wichtig mir das hier ist.“
Eine große Wegschnecke kroch über den Löwenzahn. Es war eine sehr langsame, kaum merkbare Bewegung. Bei näherem und längerem Hinsehen erkannte man das Tasten der Fühler und eine wellenartige Bewegung am Fuß, die an Fahnen im Wind erinnerte.
„Diese Qualen, diese unsäglichen Qualen, die ich erdulden musste. Der Bauer saß gerade hinter dem Busch und verrichtete sein Geschäft und habe ich mir das Vergnügen geleistet ihn zu erschrecken? Nein! Ich bin einfach vorbeigegangen und er hat mich vermutlich noch nicht einmal bemerkt.“
Die Schnecke hinterließ eine zarte, in der Morgensonne glitzernde Schleimspur. Ihren Appetit hatte sie vermutlich in der Nacht schon gestillt und war nun nur noch auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen, um der Hitze des Tages, denn nach heißem Tag sah es aus, zu entgehen. Der Löwenzahn schien ihren Appetit jedenfalls nicht anzuregen.
„Ein Bienenschwarm. Ein Bienenschwarm ist mir unterwegs begegnet. Ein Bienenschwarm ist mir unterwegs begegnet, es sah nach Gruppenausflug aus. Ein Bienenschwarm ist mir unterwegs begegnet, es sah nach Gruppenausflug aus und ich weiß genau welcher Stock diesem Schwarm gehört. Und, habe ich auch nur einen Moment gezögert meinen Weg hierher fortzusetzen? Na ja, vielleicht einen ganz kurzen.“
Die Sonne war eben aufgegangen und es gab viel zu tun.
„Ich hab mir den Arsch aufgerissen, um jetzt hier sein zu können.“
Der Rasen musste gemäht, die Hecke gestutzt und der Zaun gestrichen werden.
„Was ich alles erlebt habe auf dem Weg hierher, du würdest mir das sicherlich nicht glauben.“
Es war ein Tag wie jeder andere, das steht außer Frage, denn wenn man alle anderen Tage zusammenfassen kann, was sollte dann diesen im Besonderen auszeichnen?
„Was ich alles erdulden musste. Wenn du nur wüsstest, was ich alles erdulden musste. Wenn du nur wüsstest, wie viel leichter es gewesen wäre, einfach nicht zu kommen. Vielleicht könntest du dann verstehen, wie wichtig mir das hier ist.“
Eine große Wegschnecke kroch über den Löwenzahn. Es war eine sehr langsame, kaum merkbare Bewegung. Bei näherem und längerem Hinsehen erkannte man das Tasten der Fühler und eine wellenartige Bewegung am Fuß, die an Fahnen im Wind erinnerte.
„Diese Qualen, diese unsäglichen Qualen, die ich erdulden musste. Der Bauer saß gerade hinter dem Busch und verrichtete sein Geschäft und habe ich mir das Vergnügen geleistet ihn zu erschrecken? Nein! Ich bin einfach vorbeigegangen und er hat mich vermutlich noch nicht einmal bemerkt.“
Die Schnecke hinterließ eine zarte, in der Morgensonne glitzernde Schleimspur. Ihren Appetit hatte sie vermutlich in der Nacht schon gestillt und war nun nur noch auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen, um der Hitze des Tages, denn nach heißem Tag sah es aus, zu entgehen. Der Löwenzahn schien ihren Appetit jedenfalls nicht anzuregen.
„Ein Bienenschwarm. Ein Bienenschwarm ist mir unterwegs begegnet. Ein Bienenschwarm ist mir unterwegs begegnet, es sah nach Gruppenausflug aus. Ein Bienenschwarm ist mir unterwegs begegnet, es sah nach Gruppenausflug aus und ich weiß genau welcher Stock diesem Schwarm gehört. Und, habe ich auch nur einen Moment gezögert meinen Weg hierher fortzusetzen? Na ja, vielleicht einen ganz kurzen.“
Je länger ich die Schnecke beobachtete, desto erfüllender empfand ich diese Tätigkeit, diese Tätigkeit des tatenlosen Zusehens. Meine Befriedigung darüber wuchs noch mehr als ich bemerkte, dass ich jetzt endlich entdecken würde, wohin sich Schnecken tagsüber verkriechen. Seit Jahren hatte ich auf diese Gelegenheit gewartet, damit -
---
„Sag mal, hörst du mir eigentlich zu?“
Da erst bemerkte ich den Bären. Er stand vor mir und blickte mich mit seinen großen Knopfaugen an. Seinem entrüsteten Gesichtsausdruck nach zu schließen redete er schon eine ganze Weile, ohne dass ich ihn bemerkt hätte. Regel Nummer eins: Gegenüber Rivalen, Feinden und guten Freunden Abwesenheit niemals anmerken lassen. Ich kannte den Bären seit Jahrzehnten und obwohl wir über persönliche Dinge nicht sprachen, würde ich ihn dennoch als Freund bezeichnen. Ich nickte also mit dem Kopf.
„Gut. Als ich nämlich gerade bemerkt habe, dass du mit diesem gierigen Blick auf den Boden siehst, habe ich schon befürchtet, du würdest gleich wieder mit der Gartenarbeit beginnen, ohne mich vorher anzuhören.“
Ich war froh, dass er meinen Bluff nicht durchschaut hatte. Bären sind manchmal unberechenbar und einen zornigen Bären sollte niemand am eigenen Leib erleben müssen.
„Eines musst du nämlich unbedingt wissen: Ich möchte dir helfen. Ich bin der geborene Gärtner und wenn ein Freund ein Problem mit seinem Garten hat, dann bin ich die erste Ansprechperson. Unter Freunden hilft man sich doch gerne und da ich gehört habe dein Garten könnte ein wenig Pflege gebrauchen, habe ich mich sofort und ohne Rücksicht auf jegliche Verluste auf den Weg gemacht, nur um dir zu Diensten sein zu können. Verstehst du, Freunde helfen sich eben gelegentlich.“
Ein „Freunde“ war mir da zu viel, außerdem war mein Garten immer schon ein Paradebeispiel für Sisyphosarbeit. Ich blickte ihn also fragend an.
„Wir kennen uns immerhin schon so lange und du warst schließlich immer für mich da und deswegen wollte ich die Gelegenheit beim Schopf packen und dir meine Dienste antragen. Schließlich kommt es nicht jeden Tag vor, dass ich dir behilflich sein kann. Also dachte ich, bevor du auch nur daran denken kannst diese Arbeit selbst zu machen, dachte ich, ich eile dir zu Hilfe und nehme dir die Arbeit ab. Verstehst du, unter Freunden hilft man sich doch gerne. Außerdem weiß ich doch, wie ungern du diese Arbeit machst.“
Das letzte Mal als er mir im Garten helfen wollte, hatte er entdeckt, dass es Forellen im Bach gab und sich den Rest des Tages den Bauch damit vollgeschlagen. Anschließend, da er mir ja so eine große Hilfe gewesen war, durfte ich ihm den Namen seiner damaligen Freundin auf den Rücken rasieren und mir dabei anhören, welche Kunststücke sie im Bett zustande brachte, was mich zugegebenermaßen doch amüsierte.
„Was denn? Kann man einem Freund nicht einfach mal zu Diensten sein, ohne dafür eine Gegenleistung zu wollen? So bin ich aber nun einmal. Ein hilfsbereiter, netter und freundlicher Bär.“
Offensichtlich war es diesmal mehr als eine Intimrasur. Regel Nummer zwei: Stelle niemals das Wort von Vorgesetzten, Freunden und Personen, die du vögeln möchtest, infrage. Der Bär war kurz zuvor befördert worden und war damit, zumindest auf dem Papier, sozusagen einer meiner Vorgesetzten. Ich zuckte also mit den Schultern, ließ den Bären den Rasen mähen, die Hecke stutzen und den Zaun streichen. Ohne ein weiteres Wort verrichtete er die Arbeit und diesmal sogar richtig zügig. Mit leichtem Bedauern, die Schnecke aus den Augen verloren zu haben, legte ich mich unter einen Baum und genoss die frühen Morgenstunden und die Arbeit, die ich jetzt doch nicht verrichten musste.
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„Sag mal, hörst du mir eigentlich zu?“
Da erst bemerkte ich den Bären. Er stand vor mir und blickte mich mit seinen großen Knopfaugen an. Seinem entrüsteten Gesichtsausdruck nach zu schließen redete er schon eine ganze Weile, ohne dass ich ihn bemerkt hätte. Regel Nummer eins: Gegenüber Rivalen, Feinden und guten Freunden Abwesenheit niemals anmerken lassen. Ich kannte den Bären seit Jahrzehnten und obwohl wir über persönliche Dinge nicht sprachen, würde ich ihn dennoch als Freund bezeichnen. Ich nickte also mit dem Kopf.
„Gut. Als ich nämlich gerade bemerkt habe, dass du mit diesem gierigen Blick auf den Boden siehst, habe ich schon befürchtet, du würdest gleich wieder mit der Gartenarbeit beginnen, ohne mich vorher anzuhören.“
Ich war froh, dass er meinen Bluff nicht durchschaut hatte. Bären sind manchmal unberechenbar und einen zornigen Bären sollte niemand am eigenen Leib erleben müssen.
„Eines musst du nämlich unbedingt wissen: Ich möchte dir helfen. Ich bin der geborene Gärtner und wenn ein Freund ein Problem mit seinem Garten hat, dann bin ich die erste Ansprechperson. Unter Freunden hilft man sich doch gerne und da ich gehört habe dein Garten könnte ein wenig Pflege gebrauchen, habe ich mich sofort und ohne Rücksicht auf jegliche Verluste auf den Weg gemacht, nur um dir zu Diensten sein zu können. Verstehst du, Freunde helfen sich eben gelegentlich.“
Ein „Freunde“ war mir da zu viel, außerdem war mein Garten immer schon ein Paradebeispiel für Sisyphosarbeit. Ich blickte ihn also fragend an.
„Wir kennen uns immerhin schon so lange und du warst schließlich immer für mich da und deswegen wollte ich die Gelegenheit beim Schopf packen und dir meine Dienste antragen. Schließlich kommt es nicht jeden Tag vor, dass ich dir behilflich sein kann. Also dachte ich, bevor du auch nur daran denken kannst diese Arbeit selbst zu machen, dachte ich, ich eile dir zu Hilfe und nehme dir die Arbeit ab. Verstehst du, unter Freunden hilft man sich doch gerne. Außerdem weiß ich doch, wie ungern du diese Arbeit machst.“
Das letzte Mal als er mir im Garten helfen wollte, hatte er entdeckt, dass es Forellen im Bach gab und sich den Rest des Tages den Bauch damit vollgeschlagen. Anschließend, da er mir ja so eine große Hilfe gewesen war, durfte ich ihm den Namen seiner damaligen Freundin auf den Rücken rasieren und mir dabei anhören, welche Kunststücke sie im Bett zustande brachte, was mich zugegebenermaßen doch amüsierte.
„Was denn? Kann man einem Freund nicht einfach mal zu Diensten sein, ohne dafür eine Gegenleistung zu wollen? So bin ich aber nun einmal. Ein hilfsbereiter, netter und freundlicher Bär.“
Offensichtlich war es diesmal mehr als eine Intimrasur. Regel Nummer zwei: Stelle niemals das Wort von Vorgesetzten, Freunden und Personen, die du vögeln möchtest, infrage. Der Bär war kurz zuvor befördert worden und war damit, zumindest auf dem Papier, sozusagen einer meiner Vorgesetzten. Ich zuckte also mit den Schultern, ließ den Bären den Rasen mähen, die Hecke stutzen und den Zaun streichen. Ohne ein weiteres Wort verrichtete er die Arbeit und diesmal sogar richtig zügig. Mit leichtem Bedauern, die Schnecke aus den Augen verloren zu haben, legte ich mich unter einen Baum und genoss die frühen Morgenstunden und die Arbeit, die ich jetzt doch nicht verrichten musste.